Nach einer unerfreulichen Episode mit dem Geldautomaten am Flughafen (kryptokommunist.tumblr.com berichtete) ging es mit dem Bus zum Hostel. Auch hier darf nicht unerwähnt bleiben, dass die grandiose Errungenschaft des 21. Jahrhunderts namens Internet eine ungemeine Vereinfachung darstellte. Dank WiFi im Bus ließ es sich spielend leicht erfahren, wie wir von der Haltestelle am schnellsten zum Hostel kommen. Selbiges Erlebnis ist in einem deutschen ICE für dessen Fahrt ich regulär 100 Euro zahlen müsste nicht zu bekommen (Außer man schließt einen Knebelvertrag mit der Telekom ab).

Das Hostel selbst war über einem Pub angesiedelt und besaß einen gewissen “englischen” Charme. Alles ist recht eng und verwinkelt, das Personal besitzt einen trockenen britischen Humor und zum Frühstück gibt es Brot mit Marmelade. Die Lage ist auch recht zentral, circa 30 Minuten vom Zentrum entfernt. Hinzu kommt noch der (für die Gäste) erfreuliche Umstand, dass dem Pub die Schanklizenz entzogen wurde, weshalb es kostenlos Guinness und Bier gibt. Von diesem Angebot machte Cihan rege und ausgiebig Gebrauch. Mir mangelte es dafür an der Prädilektion für Hefeweizenrzeugnisse (Eine tolle Gelegenheit das möglicherweise zurecht veraltete Wort Prädilektion wiederzubeleben).

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Das Hostel im Pub oder der Pub im Hostel?

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Mein Mitreisender frohen Mutes auf die Hostelpreislage blickend

Am nächsten morgen standen wir – zu meiner eigenen Überraschung – um immerhin 10 Uhr morgens auf. Da ich umbedingt das Londoner Bürogebäude meines Brötchengebers Amazon von innen sehen wollte, fuhren wir mit der “tube” in die Innenstadt. Wenn man das erste mal nach längerer Zeit wieder in London ist und das erste Mal die Innenstadt bei Tageslicht sieht, ist man zwangsläufig für einen Moment erschlagen von der Ansehnlichkeit der Stadt. Alles ist sauberer, schöner, erlesener und aparter als in anderen Städten. Gerade, wenn man in Berlin lebt und einiges in Sachen Schludrigkeit und Versifftheit gewohnt ist, erschlägt einen London mit seiner doch so anderen Beschaffenheit. Die Kehrseite der Medaille sind natürlich die Wohnraumpreise und die enormen Lebenshaltungskosten.

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Sich verheißungsvoll auftürmende Fassaden heißen den Besucher sogleich willkommen.

Das Büro von Amazon liegt zentral und ist ein hochmoderner Glasbau, der in einen klassische Umgebung eingebettet ist. Von innen blickt man so durch die großflächigen Glasfronten stets auf die alten Gebäudefassaden der Umgebung. Die Kantine auf dem Dach bietet neben (überteuertem) Essen auch einen tollen Überblick über London. Da die “publlc disclosure” Richtlinien das Posten von Fotos von Büroräumlichkeiten leider verbieten, kann ich nur Fotos des Panoramas anbieten. Eine Besonderheit, die man erwähnen kann, ohne sich gleich des Geheimnisverrats strafbar zu machen, sind die Aufzüge. Man wählt in jedem Stockwerk auf einem Touchscreen in welches Stockwerk man möchte und ein Computerprogramm weißt einem dann den passenden Aufzug zu (A/B/C/D/E/F). Schöne neue Welt! Ich nehme an, dass der Algorithmus da er nicht nur “möchte hoch” oder “möchte runter” kennt, die Fahrtzeiten minimieren kann, indem die Fahrgäste so gruppiert werden, dass allen möglichst wenig Zwischenhalte zugemutet werden. In der Praxis muss man allerdings dennoch auch mal länger auf den Aufzug warten. Dieses System nachzubauen und einen eigenen Algorithmus zu entwickeln wäre sicherlich ein lohnendes Wochenendprojekt. Auch nach diesem Besuch steht für mich außer Zweifel, dass Amazon zu den Arbeitgebern gehört, für bei denen man oder jedenfalls ich gerne beruflich Zeit verbringen möchte.

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Im Anschluss stand noch das Tate Modern auf dem Programm. Ein Besuch ist die Zeit auf jeden Fall wert. Auffällig ist, wie viele deutsche Künstler es in die Ausstellung geschafft haben. Der Großteil der Ausstellung ist mit klassischen Bildern auf Leinwand gefüllt, daneben gibt es auch einige Fotografien, Skulpturen und Videoinstallationen. Neben dem gallerieeigenen Café war eine Videowand zu bestaunen, die man als Besucher mit seinen eigenen Inhalten befüllen konnte. Nachdem Cihans aufwendigere Zeichnung es aus mysteriösen Gründen nicht auf die Leinwand schaffte, konnte ich zum Mindestens mein künstlerisches Potenzial entfalten und das Werk prominent positionieren!

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Diese Bleistiftzeichnung eines Fantasiearchitekten kann einen in ihren Bann ziehen.

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Funfact: Das Tate Modern ist in einem ehemaligen Industriegebäude untergebracht.

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Nun, was soll man dazu noch sagen? Meine Werke sind übereinander angeordnet. Wer findet sie?

Der anstehende iPhone 6 Launch bescherte uns noch diesen Anblick von zeltenden Apple-Jüngern vor dem Apple-Store Covent Garden. Das ist rational nur schwerlich zu erklären…

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Später ging es noch durch die Londoner Innenstadt, natürlich auch zum obligatorischen Picadilly Square. Die titanische Leuchtreklametafel hinterließ einen zwiespältigen Eindruck. Einerseits ist es ein tolles Lichtspektakel, das die Nacht mit ihrem fahlen Licht erhellt und interessante Muster auf die Hausfassaden wirft, andererseits ist es auch schlechterdings hässlich, da sich hier Firmen Aufmerksamkeit kaufen, um ihre Marken in die Köpfe der Passanten zu brennen. Das passt nicht wirklich zu dem altehrwürdigen Stadtkern Londons. Ich würde die monströse LED-Anzeige wohl abmontieren lassen, aber mich fragt zum Glück niemand. Der Rest der Stadt ist ansonsten schließlich ja auch frei von jeglicher Anzeigenwerbung und besticht in erster Linie durch ihre hübschen und gepflegten Fassaden. Grade Nachts wirkt es fast surreal, wenn man durch diese Disney-World-Landschaft wandelt. Aber genug Laien-Pseudoarchitekturkritik für heute!

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