Das Gespräch im Außenministerium mit dem Referenten für die Nahostländer (daher fällt der Nahostkonflikt auch in seinen Zuständigkeitsbereich) war nicht nur in Bezug auf den Konflikt höchst aufschlussreich, sondern auch mit Blick auf das Berufsbild des Diplomaten im Auswärtigen Amt sehr interessant. Der Referent selbst war ein Jurist, der über das reguläre Bewerbungsverfahren für den höheren Dienst des Auswärtigen Amts zu der Stelle gekommen war. Vor der jetzigen Tätigkeit war er Koordinator zwischen der Bundesregierung und der NATO im Kosovo. Demnächst wird er in das Kanzleramt wechseln, dass auch eine eigenes Referat für Außenpolitik besitzt, welches allerdings ausschließlich durch Mitarbeiter des Auswärtigen Amtes besetzt wird.

Die aktuelle Verhandlungsrunde ist nach Sicht der Dinge des Referenten in der kritischen Phase. Juli letzten Jahres brachte US-Außenminister Kerry beide Parteien an einen Tisch. Nun liegt alles auf dem Tisch. Oft klingt es so, als ob Deutsche beziehungsweise Europäer keine Rolle spielen: Dies ist jedoch nicht ganz richtig. So kann etwa die EU Anreize, wie die Teilnahme an Programmen als Drittländer, anbieten. So ist Israel schon heute Teilnehmerland eines Programmes, dass den Wegfall von Zöllen ermöglicht.

Auch gibt der Referent unumwunden zu, dass bedingt durch die eigene Geschichte die Äquidistanz zwischen israelischer und palästinensischer Seite fehle. So ist es selbstverständlich, dass es niemals der deutsche Außenminister ist, der als erstes zu Gesprächen mit den Palästinensern fährt. Dort lasse man immer erst anderen Ländern den Vortritt. Dennoch werden Meinungsverschiedenheiten mit Israel offen angesprochen. Die Bundesregierung und der Bundesaußenminister äußern sich beispielsweise offen zu der ablehnenden Haltung zum Siedlungsbau, da dieser völkerrechtswidrig ist. So sind die Siedlungsgebiete von der deutschen Regierung offiziell nicht anerkannt.

Mittlerweile gibt es über eine Millionen Flüchtlinge (Palästinensische), da der Flüchtlingsstatus an die nächste Generation weitergegeben wird. Mit dem Andauern des Konflikts steigt diese Zahl immer weiter an, was eine Rückkehr und andere Lösungen zunehmend erschwert. Ebenfalls als Hemmnis für eine Lösung des Nahostkonflikts kommt hinzu, dass Israel eine militärische Präsenz auf der Jordanbank beibehalten will, da diese nicht nur fruchtbar, sondern auch sicherheitsrelevant ist. Die Vorstellung, dass israelische Soldaten sich auf einem palästinensischen Staatsgebiet befinden werden sei indes für die Palästinenser eine unerträgliche Vorstellung. Noch problematischer werden die Siedlungsgebiete gesehen. Diese müssten bei einer Zwei-Staaten-Lösung weg, oder die Siedler bleiben, wie bei der belgisch-flämischen Lösung. Über diese Fragen wird auch im Deutsch-Palästinensischen-Lenkungsausschuss in der kommenden Woche gesprochen werden. Aufgrund der fehlenden Anerkennung eine palästinensischen Staates gibt es keine Regierungskonsultationen sondern stattdessen eben jenen Lenkungsausschuss.

Auch die besondere Situation des Gaza-Streifens muss mit in den Blick genommen werden. Der Gaza ist abgekappt. Von den ehemals 1000 Tunneln, die nach Ägypten führten, sind etwa 90 Prozent geschlossen worden. Dies trägt unter Anderem zu der in toto desaströsen Lage bei: Die Jugendarbeitslosigkeit liegt bei circa 20 Prozent und es gibt regelmäßige Stromausfälle. Es gibt kaum Export und es darf auch nur sehr wenig in den Gaza-Streifen importiert werden. So lässt Israel zum Beispiel die Lieferung von Rohstoffen für den Bau von Schulen die Grenze passieren. Dieser Schulbau wird zum Teil auch von der deutschen KFW finanziert.

Auch in anderen Fällen engagiert sich der deutsche Staat für die Palästinenser, Deutschland ist einer der Hauptfinanzierer der PLO. Ein weiteres Beispiel sind die vom Auswärtigen Amt finanzierten Solar-Panele südlich von Hebron im Westjordanland. Dort gab es eine “demolition order” der iraelischen Behörden, doch durch politisches Handeln des Auswärtigen Amts konnte ein Abriss verhindert werden. Grund für die “demolition orders” waren fehlende Baugenehmigungen, doch durch Gesprächen mit den Behörden konnte man sich einig werden und hat die Bauanträge im Nachhinein gestellt. Der Referent betont, wie oft man Probleme durch einfaches sprechen mit den zuständigen Stellen beheben kann. “Die lassen mit sich reden”

Das Auswärtige Amt geht in Vier-Augen-Gesprächen seht offen mit Kritik um. Aber man vermeide es doch in Presseerklärungen Israelbashing zu betrteiben teilt der Referent freimütig mit. Hier sei man zurückhaltender als andere Länder. Man redet den Israelis zwar keineswegs nach dem Mund und verfolgt auch seine eigene Agenda, nämlich die Zwei-Staaten-Lösung, bleibt aber vorsichtiger.

Am Schluss kommt noch zur Sprache, dass die Hamas nachts Truppen durch den Gaza-Streifen schickt, um zu verhindern, dass Raketen abgeschossen werden und der Waffenstillstand gebrochen wird. Nach diesem Schlussfakt ist noch Zeit den Referenten zu seinem Beruf zu befragen. Er gibt bereitwillig Auskunft darüber, dass die Arbeit ihm nach wie vor Spaß mache und er seine Entscheidung sich zu bewerben nie bereut hat. Es macht Spaß sich immer wieder in neue Themenbereiche einzuarbeiten. Auch das Rotationssystem sieht er positiv. Diesbezüglich ist er jedoch auf größere Außenposten beschränkt, da seine Frau auch im Auswärtigen Amt arbeitet und beide immer gemeinsam zur selben Einsatzstelle wechseln. Die Bewerbung sollte man gelassen angehen, am Ende ist immer ein Quäntchen Glück dabei, da es immer von der Auswahlkommission abhängt, was im jeweiligen Jahrgang grade gesucht wird. Zur Zeit werden viele Kollegen mit Chinesischkenntnissen eingestellt, da das Auswärtige Amt auf eine Präsenz von einer ausreichend diversen Sprachkompetenz achtet.

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